CASSIOPEIA UND DIE ANDERS & LIEBER GMBH

Selten hat der Name „Neckarperle" so gut gepasst wie zum Cassiopeia. Der Laden ist nämlich wunderschön direkt am Neckar gelegen. Seit August 2014 gibt es bereits das Cassiopeia, gegründet von Gabriele und Desirée Hippeli und Andreas Semle.

Als ich das erste Mal dort war, war ich überwältigt von der Location. Es ist innen wie außen riesig und trotzdem mit unglaublich viel Liebe zum Detail gestaltet. Man kann es wahrlich als ein Idyll bezeichnen, in dem Ort steckt ganz viel Zauber. Es wundert also nicht, dass neben dem normalen Betrieb auch gerne Hochzeiten dort gefeiert werden.

Den Namen „Cassiopeia" kennen die einen oder anderen vielleicht noch aus Michael Endes Kinderbuch Momo. Die Schildkröte Cassiopeia ist groß, hat schwarze, kluge Augen und kann auf ihrem Rückenpanzer schwach leuchtende Buchstaben entstehen lassen. Außerdem kann sie die Zukunft um eine halbe Stunde voraussehen – ein „Wesen von außerhalb der Zeit“. Im Buch wird sie und Momo von Hora auf eine Mission zur Befreiung der Zeit, die die grauen Herren den Menschen gestohlen haben, geschickt.

Cassiopeia steht für Gabriele, Désirée und Andreas für das heutige Zeitmanagement und für das Bild der Entschleunigung. Bei einem Besuch sollte der Schwerpunkt darauf liegen, sich bewusst Zeit und Widmung zu nehmen, nicht nur beim Essen.

Die „Anders & Lieber GmbH“ steht für eine Firma die anders arbeitet, anders wirtschaftet und lieber zu und mit sich selbst, den Mitarbeitern und den Gästen zusammen arbeitet.

Und ja, das tut sie auch. Der Unterschied zu vielen anderen Läden ist hier, dass Gabriele, Desirée und Andreas eine klar formulierte Philosophie und Visionen haben, die sie nicht nur träumen sondern richtig anpacken und leben.

 

Ich war viele Stunden dort um zu fotografieren, aber ich muss wirklich sagen: Man muss unbedingt selbst hingehen um den dort herrschenden Spirit zu erfahren.





Liebe Gabriele, liebe Désirée, lieber Andreas, erzählt mir ein bisschen über Euch und euren bisherigen Werdegang und wie es zum Cassiopeia kam

Gabriele: Ich bin vor 15 Jahren quer in die Gastronomie eingestiegen. Auf der Waldebene Ost habe ich 1999 ein Restaurant mit eröffnet, welches schon damals den Namen Cassiopeia trug und habe dort in der Küche und im Service gearbeitet.

Wegen Baufälligkeit des Gebäudes mussten wir damals den Laden aufgeben und es entstand die Idee, gemeinsam mit meiner Tochter und ihrem Freund Andi einen neuen Laden zu eröffnen und so das Cassiopeia, das seit 2006 bereits komplett auf bio umgestellt war, an einer anderen Location weiterzuführen.

 

Désirée: Ich habe viele Jahre in verschiedenen Läden in der Gastro gearbeitet. Als ich im „Zadu“, einem ehemaligen Laden in Stuttgart West,  gearbeitet habe, habe ich dort Andi kennengelernt.

Andi und ich hatten schon immer den Traum, irgendwann zusammen was aufzumachen und gemeinsam an den Start zu bringen.

Nach der Schließung des Cassiopeias auf der Waldebene Ost kam die Diskussion auf, dieses gemeinsam mit meiner Mutter weiterzuführen. Die Entscheidung fiel ziemlich schnell und so haben wir zu dritt ein neues Konzept ausgearbeitet. Zu dieser Zeit habe ich noch Sozialwissenschaften studiert, was ich allerdings nach unserer Entscheidung etwas eigenes aufzumachen, aufgehört habe.

 

Andi: Ich bin aus einer Gastrofamilie und bin daher sozusagen schon in das Thema hineingeboren worden. Meine Eltern hatten mehrere Restaurants in Stuttgart und ich habe schon immer in der Gastronomie gearbeitet. Mit 27 machte ich mich selbständig und bin bin in das „Zadu“ mit eingestiegen, was ich dann auch 10 Jahre führte.






Ihr habt eure Philosophie hier sichtbar ausgestellt. Könnt ihr mir mehr darüber erzählen?

Désirée: Das Grundprinzip des Cassiopeias entstand aus der Frage: Wie müsste der perfekte Laden sein, zu dem wir selbst als Gast gerne gehen würden und wie müsste der optimale Arbeitsplatz in der Gastronomie aussehen, in dem wir selbst gerne arbeiten möchten?

Durch meine Erfahrungen in den verschiedensten Läden wusste ich genau was mir gefällt und was nicht und wie ich gerne einen Arbeitsplatz in der Gastro gestellt bekommen möchte.

Da ich mich selbst seit ich 15 bin ausschließlich biologisch ernähre und das ehemalige Cassiopeia bereits bio zertifiziert war, war es für uns ganz selbstverständlich das auch hier weiter zu leben.

Aber nicht nur 100 Prozent Bio war uns wichtig, sondern auch Fair Trade und keine Preisdrückerei bei den Lieferanten.

Die Putzfirma mit der wir zusammen arbeiten ist ein Inklusionsbetrieb, weil wir das sehr gerne fördern möchten. Wir hatten auch bereits Praktikanten mit Behinderung im Service um den Menschen zu zeigen, dass das sehr wohl geht und funktioniert.

Wir möchten zeigen, dass ein anderes Wirtschaften möglich ist und einen Arbeitsplatz bieten, den wir selbst mögen, und wo guter Kontakt mit den Lieferanten, Mitarbeitern und Gästen wertgeschätzt wird.

Wir haben in unserem Leben viel mit Sinnhaftigkeit zu tun und überlegen so auch in unserem Bereich der Gastronomie was Sinn ergeben würde und was wir erreichen und bewegen wollen und können.

Unsere Vision wäre es aus dem Cassioepia einen vollständigen Inklusionsbetrieb zu machen.

Gabriele: Die Schwierigkeit des Inklusionsbetriebes ist, dass es Betreuer braucht, die nicht nur nach den Angestellten schaut, sondern auch uns bei Fragen an der Seite stehen wie zum Beispiel, was kann man zumuten, wie überfordert man nicht, an welchen Stellen kann man

einsetzen usw. Da muss eine Begleitung her. Leider ist es in der freien Wirtschaft bisher noch nicht einfach einen Inklusionsbetrieb zu gründen, Im Moment ist das noch Kirchen und sozialen Einrichtungen vorbehalten, die die nötigen Zuschüsse und Betreuer dafür bekommen.

 

Andreas: Unsere Philosophie haben wir weil wir daran glauben, dass in Zukunft eine andere Art und Weise von Geschäftsführung nötig wird. Auch wenn wir das hier nur im Kleinen anfangen und umsetzen

können, sind wir der Meinung, dass generell in den

Unternehmensstrukturen was getan werden muss und mit einem ökologischen und nachhaltigen Grundgedanken an die Wirtschaftlichkeit neu rangegangen werden sollte. Nicht das Geld soll im Vordergrund stehen, sondern die Gemeinschaftlichkeit und das gute Gewissen.






Eure tolle Einrichtung und die viele Kunst an den Wänden sticht ins Auge. Ist das alles aus eurer Hand entstanden?

Désirée: Wir haben den Laden rund 4 Monate komplett kernsaniert. Die Decke runtergeholt, den Boden verlegt, die Wände verputzt. Die Bar hat mein Bruder gestaltet und gebaut.

Die Möbel haben wir teilweise noch aus dem alten Cassiopeia, aber auch viel von Flohmärkten, aus dem Fair Kauf und einige Schätze haben wir auf dem Sperrmüll gefunden. Viele Möbel haben wir von Gästen geschenkt bekommen oder durch einen Tausch wie Gutschein gegen Tisch oder so. Das ist echt schön. 

Bei der Kunst an der Wand hatten wir viel Glück. Die Bilder stammen allesamt von der Künstlerin Silja Ihring, die bei uns in der Küche gearbeitet hat und irgendwann fragte, ob sie hier ausstellen darf.

Die Bilder kann man bei Interesse auch bei Silja direkt erwerben, einfach anrufen und einen Preis verhandeln.

Es hat sich alles sehr schön entwickelt – Man kann nicht sagen, dass wir den Laden alleine entworfen haben, Es steckt viel von Freunden drin, oder von unseren Mitarbeitern die Ideen miteinbringen.

 Es ist also ein großes Zusammenspiel, was aufeinander aufbaut und alle können und dürfen ihre eigenen Stärken und Ideen einbringen. Auch unsere Gäste bringen uns immer mal wieder auf neue Ideen.







Was mögt ihr an Stuttgart?

Gabriele: Was ich an Stuttgart mag ist auf jeden Fall die Lage, zwischen den Hügeln, ich bin kein Flachland-Fan.

Überall ist viel Grün, die Wälder reichen bis an die Stadtgrenze heran. Und ich liebe Wasser, daher fand ich es besonders toll, einen der wirklich raren Plätze am Neckar ergattern zu können.

 

Désirée: Ich mag auch die Hügel, dass es ein Talkessel hat und man von oben herunter auf die Stadt schauen kann. Wenn ich in den Norden gehe fehlt mir das total. Ich liebe die vielen Aussichtspunkte, das ist wunderschön.

Und ich mag es, dass in Stuttgart noch Entstehung passieren kann. In Berlin und Hamburg zum Beispiel gibt es schon viel Alternatives und viel Buntes passiert und pulsiert. Stuttgart ist da eher ein bisschen ruhiger und hinterher, gleichzeitig hat man aber dadurch eine Entstehungskultur und man kann richtig mitverfolgen, wie sich etwas Alternatives und Neues entwickeln kann.

Andreas: Die vielen Grünanlagen und auch die hohe Gastrodichte in der Stadt gefällt mir. Im Vergleich zu den Großstädten gefällt mir der Dorfcharakter der Stadt gut, mit ihren vielgliederigen Stadtteilen und Vororten. Stuttgart ist klein und nicht ganz so anonym.

Mir persönlich gefallen die Menschen und das schwäbisch eigenbrötlerische. Das „über Hohe Mauern“ reinkommen gefällt mir insofern sehr gut, da das Ergebnis sehr schön ist. Denn wenn

man dann über die Mauer gekommen ist, dann ist es eine sehr herzliche Gemeinschaft.



Vielen Dank, liebe Gabriele, liebe Désirée und lieber Andreas, für das Interview, und von Herzen nur das Beste für euch und das Cassiopeia.


Cassiopeia und die Anders & Lieber GmbH

Restaurant und Eventlocation

 

EDIT: Inzwischen ist das Cassiopeia leider geschlossen, doch die schöne Location könnt ihr trotzdem noch weiterhin genießen – an selber Stelle findet ihr jetzt das Hallo Emil .


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