Als meine Freundin letztens das „Mertens“ zum Lunch-Treff vorschlug, war ich erst etwas kritisch. Ich kannte es zwar schon lange vom Vorbeigehen, und auch die Karte las sich immer sehr gut, doch von aussen sah es nach Stehcafé mit ein paar Barhockern am Fenster aus. Das passt wunderbar für einen schnellen Espresso zwischendurch, aber Mittagessen? ...
... Trotzdem ging ich an diesem Mittag voller Vorfreude und Neugierde zu diesem Treffen und als ich den Laden betrat war ich mehr als überrascht - denn das „kleine Stehcafé" entpuppte sich als eine komplette Etage mit mehreren, unterschiedlich gestalteten Räumen.
Lars Mertens hat hier auf jeden Fall eine Traumlocation ergattert. Das Eckcafé gleicht einer schönen Altbauwohnung mit viel Charme und Gemütlichkeit.
Die Einrichtung hat Lars Mertens` sympathische Frau Carolin übernommen, die sich als gelernte Dekorateurin im Laden ausleben durfte und so eine wunderbare Gemütlichkeit geschaffen hat – mit klaren, nicht zu überladenen Räumen und einer authentischen und familiären Atmosphäre.
Das Grün der Industrielampen am Thekenbereich inspirierte dazu, sie als Hausfarbe weiterzuführen. So findet man das Grün im Logo, am Regal, sowie an den Wänden wieder.
Im „Mertens" fühlt man sich sofort wie bei Freunden zu Hause oder in einer großen WG. Lars ist ein herzlicher und offener Gastgeber, begrüßt alle Gäste persönlich und versprüht gute Laune.
Es gibt eine kleine Frühstückskarte und jeden Tag einen wechselnden Mittagstisch von zwei Gerichten, einer Suppe, Salate und frischgebackenen Kuchen.
Lieber Lars, erzähle mir doch ein bisschen über Dich und deinen Werdegang und wie es zum „Mertens“ kam
Ich habe eigentlich immer schon gerne gekocht und damals oft meiner Oma in der Küche geholfen – da war mir schon als kleiner Bub´ klar, wo es mich beruflich einmal hinführen wird.
Mein Traum war also zu kochen und irgendwann meinen eigenen Laden zu haben. Nach meiner Lehre habe ich in verschiedenen Betrieben gearbeitet. Ich war lange Zeit in der „Auszeit“ in der Augustenstraße, die mit Ihrem Mittagstisch ein ähnliches Konzept haben wie hier.
Da ich zwei kleine Kinder habe war mir klar, dass ich tagsüber und nicht abends arbeiten möchte um Zeit für meine Familie zu haben. Dann stand eines Tages dieser Laden hier im Stuttgarter Wochenblatt und so kam es, dass ich ihn übernommen habe. Nach mehreren Wochen Umbau und Einrichtung gibt es seit dem 14. Oktober 2013 nun das „Mertens“.
Wie würdest du deine Küche definieren und woher nimmst du die Inspiration für deine Gerichte?
Meine Inspiration nehme ich aus meiner nun mittlerweile 32-jährigen Kochlaufbahn.
Ich war viel im Ausland, habe mitunter auf einem Schiff in der Karibik gekocht. Egal wo ich im Urlaub war – es war für mich immer sehr interessant auf die dortigen Märkte zu gehen. Die unterschiedlichen Kulturen mit ihren Produkten haben mich immer sehr interessiert und inspiriert. In den letzten Jahren hat generell die Vielfalt an Zutaten und somit der Gerichte zugenommen.
Ich probiere gerne immer wieder etwas Neues aus – zum Beispiel in asiatischer Küche oder ich vermische verschiedene Kulturen in einem Gericht.
Trotz alledem sollte man die eigene Landesküche nicht aus den Augen verlieren – hier im "Mertens" gibt es zum Beispiel jeden Mittwoch "Omas Küche" mit alten Rezepten meiner Großmütter, wie beispielsweise Käsespätzle, Tafelspitz, Gaisburger Marsch oder hausgemachte Maultaschen.
Welche Zutaten sind dir in deinen Produkten wichtig und spielt die Herkunft eine Rolle für dich?
Ich versuche beim Einkauf meiner Produkte regional zu bleiben und die lokalen Geschäfte zu unterstützen. Ich kaufe oft beim Obst- und Gemüsehändler bei mir um die Ecke, hole Brezeln und Fleisch von der Bäckerei und Metzgerei hier in der Nachbarschaft.
Das Mehl was ich verwende und auch im Laden verkaufe, stammt von einer Mühle aus meinem Heimatdorf Aidlingen, die ein alter Schulkamerad von mir betreibt.
Im Sommer verkaufe ich ein Bauernhof- Eis von einem Hof in der Nähe von Calw. Ich habe das Eis erstmalig auf dem „Heckengäutag“ in Aidlingen gesehen und wusste schon damals – wenn ich jemals einen eigenen Laden habe, möchte ich dort das Eis verkaufen. Einfach lecker und ohne viele Zusatzstoffe.
Hast du für dich privat denn noch die Muse zu kochen?
Seit ich den Laden hier habe hat es tatsächlich ein bisschen nachgelassen mit dem Kochen zu Hause. Allerdings koche ich sehr gerne gemeinsam mit meinen Kindern und freue mich wenn sie Interesse daran zeigen.
Dieses Jahr hatte ich die Idee zum 11. Geburtstag meines Sohnes einen kleinen Kochkurs mit all seinen Freundinnen und Freunden zu machen und der Vorschlag kam bei den Kindern sehr gut an.
Oft ist er hier im Laden und hilft ein wenig beim Schnippeln oder ähnliches. Auch meine Frau hilft immer mal wieder an der Theke
und im Service aus.
Es ist für mich sehr schön, wenn sich auf diesem Wege Beruf und Privates miteinander vermischen.
Wie ist deine Verbindung zu Stuttgart und was magst du an der Stadt?
Ich bin 2000 aus Aidlingen her gezogen und fühle mich hier sehr wohl. Mittlerweile bin ich sogar stolzer Häuslebesitzer im Stuttgarter Süden.
Ich mag es, dass die Stadt einerseits groß und anderseits aber auch schön übersichtlich ist.
Besonders hier im Westen finde ich es sehr nett und schätze das freundschaftliche Verhältnis zu meinen Gästen, die Tag für Tag hereinkommen und plaudere mit ihnen von Fußball bis hin zu Weltpolitik.
Einzig die Luft in Stuttgart könnte besser sein.
Vielen Dank, Lars, für das Interview und den schönen Tag bei dir.
Mertens
Tagescafé & Mittagstisch
Mo - Fr 8 - 15 Uhr
Senefelderstraße 67
70176 Stuttgart
T 0711 93 58 48 47
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